Relativer Satzanschluss: Relativsätze mit gewissen Vorzügen

Relativsätze kennen wir alle: Nebensätze, die mit „der, die, das“ bzw. „welcher, welche, welches“ anfangen. Das sind im Lateinischen die, die mit dem Relativpronomen „qui, quae, quod“ beginnen:

„Quintus, qui adest, gaudet.“ – Quintus, der da ist, freut sich. (Nominativ)
„Quintus, cuius mater adest, gaudet.“ – Quintus, dessen Mutter da ist, freut sich. (Genitiv)
„Quintus, cui donum dedi, gaudet.“ – Quintus, dem ich ein Geschenk gab, freut sich. (Dativ)
„Quintus, quem video, gaudet.“ – Quintus, den ich sehe, freut sich. (Akkusativ)

So ein Relativpronomen kann allerdings noch mehr als nur Nebensätze einleiten. Spätestens wenn es an die Lektüre von Originaltexten geht, begegnet man Hauptsätzen, die mit einem Relativpronomen beginnen. Wie kann das sein?

„Quintus adest. Qui gaudet.“ – Quintus ist da. Dieser/Der/Er freut sich.
„Quintus gaudet. Cuius mater adest.“ – Quintus freut sich. Dessen/Seine Mutter ist da.

In solchen Fällen wird „qui, quae, quod“ mit „dieser, diese, dieses“ wiedergegeben. Man spricht dann von einem „relativ(isch)en Satzanschluss„. Es wird sozusagen ein neuer Hauptsatz mit einem Relativpronomen angeschlossen. Dieses Relativpronomen bezieht sich dann immer auf ein Substantiv aus dem vorherigen Satz und greift es wieder auf; man kann sich auch einfach vorstellen, da stünde eine Form von „is, ea, id“ oder „hic, haec, hoc“.

Für die Füchse: Warum gibt es das?

Stellen wir uns einen Satz vor:

„Ecce Quintus, quem heri in thermis vidi!“ – Da ist Quintus, den ich gestern in den Thermen gesehen habe.

Im „echten“ Lateinischen existieren ursprünglich keine Satzzeichen. Anders als in deinem Lateinbuch haben die Römer also selbst überlegen müssen, wo ein Nebensatz oder auch ein ganzer Satz aufhört und ein neuer beginnt, etwa so:

„ecce Quintus quem heri in thermis vidi cui ibi enim donum dedi“ (usw. usw.)

Dadurch werden die Grenzen zwischen den Sätzen etwas unscharf. Aus dieser Ungenauigkeit hat es sich wahrscheinlich in der Alltagssprache entwickelt, dass man mit einem Relativsatz anfing, dann aber daraus ein neuer Satz wurde.

„Ecce Quintus! Quem heri in thermis vidi! Cui ibi enim donum dedi.“ – Da ist Quintus! Diesen/Den/Ihn habe ich gestern in den Thermen gesehen. Diesem/Dem/Ihm habe ich dort nämlich ein Geschenk gegeben.

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