Epistula 1, 15

Quae sit hiems Veliae, quod caelum, Vala, Salerni,
quorum hominum regio et qualis uia (nam mihi Baias
Musa superuacuas Antonius, et tamen illis
me facit inuisum, gelida cum perluor unda
5 per medium frigus; sane murteta relinqui
dictaque cessantem neruis elidere morbum
sulpura contemni uicus gemit, inuidus aegris
qui caput et stomachum supponere fontibus audent
Clusinis Gabiosque petunt et frigida rura.
Wie der Winter in Velia ist, wie das Wetter in Salerno ist, lieber Vala,
und welcher Menschen Heimat sie sind und wie die Straßen gebaut sind (denn Baiae
macht mir Antonius Musa unnütz, und macht mich trotzdem bei ihnen
unbeliebt, weil ich mich auch mitten im Winter mit kaltem Wasser
baden lasse; freilich stöhnt das Dorf, dass seine Myrrhensträucher verlassen
und seine Schwefelquellen, die angeblich langwierige Krankheiten aus dem
Körper vertreiben können, unbeachtet bleiben, und den Kranken übelnehmen,
dass sie ihren Kopf und Körper in die clusinischen Quellen tauchen
und nach Gabii streben und in kühle Gegenden.

10 Mutandus locus est et deuersoria nota
praeteragendus equus. ‚Quo tendis? Non mihi Cumas
est iter aut Baias‘, laeua stomachosus habena
dicet eques; sed equi frenato est auris in ore);
maior utrum populum frumenti copia pascat,
15 collectosne bibant imbres puteosne perennis
iugis aquae (nam uina nihil moror illius orae;
rure meo possum quiduis perferre patique;
Man muss seinen Aufenthaltsort wechseln und das Pferd
an den bekannten Gaststätten vorbeilenken. „Wo willst du hin? Ich bin nicht auf dem
weg nach Cumae oder Baiae“, sagt der missmutige Reiter mit dem linken
Zügel; aber das Ohr eines Pferdes liegt im gezäumten Maul);
welches von beiden Völkern der größere Überfluss ernährt,
und ob sie angesammelten Regen trinken oder Brunnen, die ganzjährig
Wasser von den Bergen geben (denn Wein aus dieser Gegend hält mich nicht auf;
auf meinem Landgut kann ich aushalten und erdulden, was du willst;

ad mare cum ueni, generosum et lene requiro,
quod curas abigat, quod cum spe diuite manet
20 in uenas animumque meum, quod uerba ministret,
quod me Lucanae iuuenem commendet amicae);
tractus uter pluris lepores, uter educet apros,
utra magis piscis et echinos aequora celent,
pinguis ut inde domum possim Phaeaxque reuerti,
25 scribere te nobis, tibi nos adcredere par est.
wenn ich zum Meer komme, verlange ich einen edlen und milden,
der die Sorgen vertreibt, der mit reicher Hoffnung in Körper
und Geist verbleibt, der Worte in den Mund legt,
der mich jungen Mann der lukanischen Freundin empfiehlt);
welcher Landstrich mehr Hasen und mehr Eber hervorbringt,
welcher See mehr Fische und mehr Seeigel birgt,
damit ich fett von dort nach Hause zurückkehren kann wie ein Phäake,
das musst du mir schreiben, und ich es dir glauben.

Maenius, ut rebus maternis atque paternis
fortiter absumptis urbanus coepit haberi
scurra, uagus non qui certum praesepe teneret,
inpransus non qui ciuem dinosceret hoste,
30 quaelibet in quemuis opprobria fingere saeuus,
pernicies et tempestas barathrumque macelli,
quicquid quaesierat, uentri donabat auaro.
Maenius, der das Erbe von Mutter und Vater
tapfer aufgezehrt hatte, fing an, als elegant angesehen zu werden,
als ein Spaßvogel, der wie ein Strolch kein festes Heim hatte,
der nicht frühstückte und den Mitbürger vom Feind nicht trennen könnte,
der wild irgendwelche Anschuldigungen gegen irgendwen erfand,
Untergang, Unwetter und Abgrund des Fleischmarktes,
was auch immer er haben wollte, gab er seinem gierigen Bauch.

Hic ubi nequitiae fautoribus et timidis nil
aut paulum abstulerat, patinas cenabat omasi,
35 uilis et agninae, tribus ursis quod satis esset,
scilicet ut uentres lamna candente nepotum
diceret urendos correctus Bestius. Idem,
quicquid erat nactus praedae maioris, ubi omne
uerterat in fumum et cinerem: ‚Non hercule miror‘,
40 aiebat, ’si qui comedunt bona, cum sit obeso
nil melius turdo, nil uolua pulchrius ampla‘.
Wenn dieser denen, die seine Faulheit schützten oder fürchteten, nichts
oder ein Bisschen was abgenommen hatte, fraß er ganze Schüsseln voller Rindsmagen,
und billiges Lammfleisch, was genug für drei Bären gewesen wäre,
auf dass er dann sagte, die Bäuche der Verschwender müssten mit glühendem Metall
gebrandmarkt werden wie ein bekehrter Bestius. Und ebenso
wenn er ein größeres Stück Beute gemacht hatte, dann machte er es gleich komplett
zu Rauch und Asche: „Ich wundere mich garnicht besonders“,
sagte er dann, „wenn Leute ihren Besitz auffressen, wo doch nichts besseres
als eine fette Drossel existiert, nichts schöneres als ein großer Saumagen.

Nimirum hic ego sum; nam tuta et paruola laudo,
cum res deficiunt, satis inter uilia fortis;
uerum ubi quid melius contingit et unctius, idem
45 uos sapere et solos aio bene uiuere, quorum
conspicitur nitidis fundata pecunia uillis.
Das bin natürlich ich; denn Sicherheit und kleine Freuden lobe ich,
wenn mir das Geld fehlt, und tapfer im Elend;
aber wenn ich zu etwas Besserem komme, etwas Fetterem, dann
sag ich, dass ihr allein klug seid und gut lebt, deren
überbordendes Geld man an ihren glänzenden Häusern betrachten kann.

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