Stammformen

Hier geht es zu den Stammformenlisten zum Auswendiglernen.

Was sind eigentlich Stammformen?

„gehen, gehe, ging, gegangen“ – das sind die Stammformen von „gehen“.

Stammformen zeigen an, wie ein Verb sich verändern kann:

gehen - (ich) gehe, (ich) ging, (ich bin) gegangen
rufen - (ich) rufe, (ich) rief, (ich habe) gerufen
tun - (ich) tue, (ich) tat, (ich habe) getan

Stammformen sind kein Hexenwerk. Sie folgen immer einer bestimmten „Melodie“. Hat man ein paar im Kopf, ergeben sich die anderen fast von allein.

Aufbau der lateinischen Stammformen

Stammformen sind im Lateinischen fast immer so angegeben:

errare - erro, erravi, erratum
narrare - narro, narravi, narratum

Die Reihenfolge ist also die gleiche wie im Deutschen:

narrare - narro, narravi, narratum
erzählen - (ich) erzähle, (ich) erzählte, (ich habe) erzählt
Infinitiv - 1. Sg. Präsens, 1. Sg. Perfekt, Partizip

Stammformen bestehen immer aus dem Infinitiv, der 1. Person Singular im Präsens (ich gehe, ich stehe, ich sehe), der 1. Person Singular im Perfekt (ich ging, ich stand, ich sah) und dem Partizip (gegangen, gestanden, gesehen).

Warum muss man die überhaupt lernen?

Die meisten Verben sind „regelmäßig“. Da reicht es, wenn man ein Beispiel auswendig kennt, um jedes andere Wort dieser Sorte auch automatisch zu kennen. Das gilt zum Beispiel für die Worte, die auf „-are“ enden („a-Konjugation“), die immer gleich funktionieren:

errare - erro, erravi, erratum
narrare - narro, narravi, narratum
peccare - pecco, peccavi, peccatum
laudare - laudo, laudavi, laudatum
...und und und - die Liste ist endlos...

Manche Verben verändern sich aber auch „unregelmäßig“:

ducere - duco, duxi, ductum
cedere - cedo, cessi, cessum
ferre - fero, tuli, latum

Wenn man nun nur gelernt hat, dass das Wort ferre „tragen“ bedeutet, dann erkennt man die Form tulerant vermutlich nicht und sucht im Wörterbuch vergeblich nach tulerare. Damit einem das nicht passiert, muss man die Stammformen der wichtigsten Verben auswendig kennen.


Die wichtigsten Stammformen auf einen Blick

Die wichtigsten Stammformen im Lateinischen, die man unbedingt beherrschen sollte, lassen sich auf einer Seite zusammenfassen (es gibt noch viel mehr, aber wenn du viel verpasst hast, ist das vermutlich ein sinnvoller Anfang). Wir bieten dir drei „Stufen“ an:

  1. Hier kannst du die allerwichtigsten Stammformen für den Anfang herunterladen. Du kannst sie auch direkt online lernen.
  2. Außerdem gibt es eine Liste für die ersten 2 Lernjahre, die auch die erste Liste enthält. Du kannst sie auch direkt online lernen, wenn du Liste 1 schon beherrschst!
  3. Eine sehr umfangreiche Liste für Latinum und Kursstufe. Du kannst sie auch direkt online lernen, wenn du Liste 2 schon beherrschst!

Sieht nach viel aus – geht aber ganz schön schnell, wenn man intelligent lernt.

Für die Profis: Was eine Stammform alles verrät

Erst wenn man die Stammformen kann, kann man lateinische Formen so richtig „lesen“. Die Stammformen hießen so, weil sie eigentlich drei verschiedene „Stämme“ des Verbs zeigen:

narrare - narro, narravi, narratum

Die Präsens-Form zeigt den Präsensstamm „narr_“ an, von dem sich die Zeiten Präsens, Imperfekt und Futur ableiten. Die Perfekt-Form zeigt den Perfektstamm „narrav_“ an, von dem sich die Zeiten Perfekt und Plusquamperfekt (und Futur 2, für die Profis) ableiten. Und das Partizip funktioniert auf den Stamm „narrat_“. Wenn ich nun also eine Form im Text finde, weiß ich schon recht genau, um welche Zeit es sich handelt:

narravisti -> kommt von narrav_ -> Perfekt oder Plusquamperfekt
narrabunt -> kommt von narr_ -> Präsens, Imperfekt oder Futur

Dadurch kann ich mir eine Menge Formenlernerei sparen, denn ich weiß nun oft schon – aus dem Zusammenhang – mit hoher Wahrscheinlichkeit, um welche Form es sich handelt. Praktisch, oder?

9 Kommentare

  1. Hallo Birgit, Sie haben im Prinzip recht. Das Problem ist, dass das lateinische Perfekt und Imperfekt nicht konsequent mit deutschem Perfekt bzw. Präteritum wiedergegeben werden können, da der (inhaltliche) Aspekt ein bisschen anders ist.
    Das Beispiel dienst ja dazu, die Stammformen zu illustrieren; im Deutschen ist das Präteritum dabei die übliche Form (gehen, ging, gegangen), weil es eben eine Abweichung im Stamm gibt. Das deutsche Perfekt dagegen entspricht mit „haben + Partizip“ eher der dritten Stammform, eben dem Partizip, im Lateinischen. Deutsche Stammformen sind von daher ein bisschen anders gestrickt, sodass die Analogie nie perfekt wird.

  2. Ich sehe hier gerade in einem anderen Beitrag, dass das historische erzählende Perfekt im Deutschen im Imperfekt übersetzt wird. Dann ist das wohl doch korrekt.

  3. Die zweite Stammform im Lateinischen (hier das Beispiel narravi) ist 1. Person Singular perfekt, korrekt. Die Übersetzung im Deutschen ist aber doch nicht „ich erzählte“, wie es hier steht (das wäre ja das Imperfekt), sondern „ich habe erzählt“!

  4. Das erzählende, historische Perfekt bezeichnet, was in der Vergangenheit gewesen oder geschehen ist. Es ist die eigentliche Zeitform der Erzählung im Lateinischen und wird im Deutschen im Imperfekt übersetzt. Es bezeichnet einen abgeschlossenen Vorgang der Vergangenheit.
    Beispielsatz: Urbem Romanum a principio reges habuerunt.
    Die Stadt Rom beherrschten ursprünglich Könige.
    Vgl. Matthias Stehle, Lateinische Grammatik. Klett-Verlag, Stuttgart 1956, S.120f.

    PS: Danke für dieses gute Angebot für Lateininteressierte! Ihre Seiten sind wirklich gut.

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