Elegie I, 3

Qualis Thesea iacuit cedente carina
languida desertis Cnosia litoribus;
qualis et accubuit primo Cepheia somno
libera iam duris cotibus Andromede;
Wie die Knossische schlaff am verlassenen Strand lag
während Theseus bereits auf dem Schiff davonfuhr;
wie auch äthiopische Andromede im ersten Schlaf
schon befreit auf harten Steinen dalag;

nec minus assiduis Edonis fessa choreis
qualis in herboso concidit Apidano:
talis visa mihi mollem spirare quietem
Cynthia consertis nixa caput manibus,
ebria cum multo traherem vestigia Baccho,
et quaterent sera nocte facem pueri.
und wie auch nicht weniger als diese, von beharrlichen Reigen ermüdet,
die Ebonerin hinsank auf der gräsernen Apidanus-Ebene:
genau so scheint mir Cynthia sanfte Ruhe zu atmen
hinsichtlich des Kopfes auf die gefalteten Hände gestützt,
als ich die Füße, berauscht von zuviel Wein, hintereinander setzte
und die Sklaven in der späten Nacht die Fackel hielten.

hanc ego, nondum etiam sensus deperditus omnis,
molliter impresso conor adire toro;
et quamvis duplici correptum ardore iuberent
hac Amor hac Liber, durus uterque deus,
subiecto leviter positam temptare lacerto
osculaque admota sumere tarda manu,
non tamen ausus eram dominae turbare quietem,
expertae metuens iurgia saevitiae;
Ich versuche mich ihr, noch nicht alle Sinne verloren habend,
sanft am unberührten Ehebett zu nähern;
und zwei zugleich befahlen – einerseits Amor, andererseits Bacchus,
beide gemeine Götter – dass ich, von Liebesglut ergriffen,
den Arm sanft unter sie lege, die Liegende berühre
und Küsschen auf sie drücke mit zögerlicher Bewegung,
aber dennoch habe ich es nicht gewagt, die Ruhe der Herrin zu stören,
fürchtete ich doch die Zänkereien ihres Zorns, den ich schon kenne.

sed sic intentis haerebam fixus ocellis,
Argus ut ignotis cornibus Inachidos.
et modo solvebam nostra de fronte corollas
ponebamque tuis, Cynthia, temporibus;
et modo gaudebam lapsos formare capillos;
nunc furtiva cavis poma dabam manibus:
Sondern ich hing so fest mit starrenden Augen,
wie Argus bei den unbekannten Hörnern der Inachide.
und bald löste ich die kleinen Kränzchen von meiner Stirn
und setzte sie auf deine Schläfen, Cynthia;
und bald freute ich mich daran, die gefallenen Haare zu ordnen;
und dann gab ich dir heimlich Äpfel in die leeren Hände.

omnia quae ingrato largibar munera somno,
munera de prono saepe voluta sinu;
et quotiens raro duxti suspiria motu,
obstipui vano credulus auspicio,
ne qua tibi insolitos portarent visa timores,
neve quis invitam cogeret esse suam:
Alles, was ich dem undankbaren Schlaf an Geschenken gab,
all diese Geschenke rollten oft wieder von dem vorgeneigten Busen.
Und so oft, wie du mit einer kleinen Bewegung aufgeseufzt hast,
erstarrte ich und glaubte dem nichtigen Vorzeichen,
dass dir irgendwelche erblickten Dinge ungewohnte Ängste brachten,
oder dass jemand dich gegen deinen Willen zwänge, ihm zu gehören.

donec diversas praecurrens luna fenestras,
luna moraturis sedula luminibus,
compositos levibus radiis patefecit ocellos.
sic ait in molli fixa toro cubitum:
Bis dann der Mond, der an den Fenstern vorüberwanderte,
der emsige Mond mit den verweilenden Lichtern,
ihr mit sanften Strahlen die geschlossenen Augen öffnete.
Im weichen Bett liegt sie, um zu schlafen, und sagt:

‚tandem te nostro referens iniuria lecto
alterius clausis expulit e foribus?
namque ubi longa meae consumpsti tempora noctis,
languidus exactis, ei mihi, sideribus?
„Endlich trieb dich das Unrecht zurück in unser Ehebett
und verstieß dich von den geschlossenen Türen einer anderen?
Denn wo verbrachtest du die mir zustehende lange Zeit der Nacht,
so ermüdet, wehe mir, wenn die Sterne schon untergehen?

o utinam talis perducas, improbe, noctes,
me miseram qualis semper habere iubes!
nam modo purpureo fallebam stamine somnum,
rursus et Orpheae carmine, fessa, lyrae;
Oh mögest du doch solche Nächte ertragen, du Schurke,
welche du mich Arme immer zu haben zwingst!
Denn erst betrog ich den Schlaf durch Purpurweben,
und dann ermüdet mit einem Lied der orphäischen Lyra;

interdum leviter mecum deserta querebar
externo longas saepe in amore moras:
dum me iucundis lassam Sopor impulit alis.
illa fuit lacrimis ultima cura meis.‘
Manchmal klagte ich verlassen und sanft mit mir allein
dass du oft mit einer anderen Liebschaft lange Zeiten (verbringst):
und dann berührte mich müde der Schlaf mit sanften Schwingen.
Das war die letzte Heilung für meine Tränen.