De coniuratione Catilinae 21 – 25

Zu diesem Werk gibt es ein Spezialvokabular zur Vorbereitung.

[21] Postquam accepere ea homines, quibus mala abunde omnia erant, sed neque res neque spes bona ulla, tametsi illis quieta movere magna merces videbatur, tamen postulavere plerique, ut proponeret, quae condicio belli foret, quae praemia armis peterent, quid ubique opis aut spei haberent. Tum Catilina polliceri tabulas novas, proscriptionem locupletium, magistratus, sacerdotia, rapinas, alia omnia, quae bellum atque lubido victorum fert. Praeterea esse in Hispania citeriore Pisonem, in Mauretania cum exercitu P. Sittium Nucerinum, consili sui participes; petere consulatum C. Antonium, quem sibi collegam fore speraret, hominem et familiarem et omnibus necessitudinibus circumventum; cum eo se consulem initium agundi facturum. Nachdem die Menschen – die zwar alle schlechten Eigenschaften im Überfluss besaßen, aber weder Geld noch irgendwelche Hoffnung – dies vernommen hatten, da forderten die Meisten – obwohl es ihnen sehr lohnend erschien, die Ruhe zu zerstören -, dass er vorbringe, welche Bedingungen dieser Krieg bringe, für welchen Lohn sie die Waffen ergreifen sollten, und inwiefern und wo sie Macht und Hoffnung erhalten könnten. Da versprach ihnen Catilina einen Schuldenerlass, eine Proskription der Reichen, Beamtenpositionen und Priesterämter, Raubbeute, und alles andere, was Krieg und die Gier der Sieger hervorbringen. Außerdem erwähnte er, dass Piso im diesseitigen Spanien und Publius Sittius Nucerinus mit seinem Heer in Mauretanien an dem Plan teilnahmen; und er sagte, dass Gaius Antonius das Konsulat erstrebe, von dem er hoffte, dass er sein Amtskollege sein würde, ein Mensch, der ihm verpflichtet war und durch völlige Abhängigkeit bedrängt wurde; mit ihm werde er sich – als Anfang der Taten – zum Konsul machen.
Ad hoc maledictis increpabat omnis bonos, suorum unumquemque nominans laudare; admonebat alium egestatis, alium cupiditatis suae, compluris periculi aut ignominiae, multos victoriae Sullanae, quibus ea praedae fuerat. Postquam omnium animos alacris videt, cohortatus, ut petitionem suam curae haberent, conventum dimisit. Zusätzlich beschimpfte er alle Anständigen, und nannte jeden seiner Leute lobenswert; er erinnerte den einen an seine Armut, den anderen an seine Wünsche, die meisten an die Gefahr und ihre Verrufenheit, und viele an den den Sieg Sullas, denen dieser Sieg zu Beute verholfen hatte. Nachdem er gesehen hatte, dass die Herzen all jener Leute erregt waren, ermahnte er sie, dass sie sich um seine Amtsbewerbung sorgen mögen, und entließ die Versammlung.
[22] Fuere ea tempestate, qui dicerent Catilinam oratione habita, cum ad ius iurandum popularis sceleris sui adigeret, humani corporis sanguinem vino permixtum in pateris circumtulisse: inde cum post exsecrationem omnes degustavissent, sicuti in sollemnibus sacris fieri consuevit, aperuisse consilium suum; atque eo +dictitare+ fecisse, quo inter se fidi magis forent alius alii tanti facinoris conscii. Nonnulli ficta et haec et multa praeterea existumabant ab iis, qui Ciceronis invidiam, quae postea orta est, leniri credebant atrocitate sceleris eorum, qui poenas dederant. Nobis ea res pro magnitudine parum comperta est. Es gab zu dieser Zeit Leute, die sagten, Catilina habe nach dieser Rede die Leute durch ein gemeinsames Verbrechen in die Pflicht nehmen wollen. Daher habe er Blut von einem Menschen, gemischt mit Wein, in Schalen herumgehen lassen: nachdem alle dieses verfluchte Blut getrunken hätten – wie es üblicherweise bei heiligen Opferhandlungen geschieht – habe er seinen Plan eröffnet; das habe er, so sagten die meisten, deshalb getan, damit sie untereinander treuer seien, da sie ja gegenseitig Mitwisser eines so großen Verbrechens waren. Dies – und vieles andere – hielten einige für erfunden, die glaubten, dass die Unzufriedenheit mit Cicero, welche später aufkam, durch die Abscheulichkeit des Verbrechens der Leute, die bestraft wurden, gemildert werde. Mir erscheint diese Sache für ihr Gewicht zu wenig bewiesen.
[23] Sed in ea coniuratione fuit Q. Curius, natus haud obscuro loco, flagitiis atque facinoribus coopertus, quem censores senatu probri gratia moverant. Huic homini non minor vanitas inerat quam audacia: neque reticere, quae audierat, neque suamet ipse scelera occultare, prorsus neque dicere neque facere quicquam pensi habebat. Erat ei cum Fulvia, muliere nobili, stupri vetus consuetudo. Cui cum minus gratus esset, quia inopia minus largiri poterat, repente glorians maria montisque polliceri coepit et minari interdum ferro, ni sibi obnoxia foret, postremo ferocius agitare quam solitus erat. Aber an jener Verschwörung war auch Quintus Curius beteiligt, der in eine ziemlich berühmte Familie geboren war, überhäuft mit Freveln und Verbrechen, den die Zensoren wegen Unzucht aus dem Senat ausgeschlossen hatten. Diesem Menschen wohnte nicht weniger Verlogenheit als Kühnheit inne: weder verschwieg er, was er gehört hatte, noch verbarg er seine eigenen Verbrechen, und weder was er vornheraus sagte, noch was er tat, hatte irgendeinen Wert. Mit Fulvia, einer Frau aus dem Adel, hatte er schon lange eine Affäre. Als er ihr einmal weniger willkommen war, weil er durch seine Armut weniger in der Lage war, etwas zu verschenken, da begann er plötzlich, sich zu rühmen und ihr das Blaue vom Himmel zu versprechen und zwischendurch mit dem Schwert zu drohen, wenn sie ihm nicht willfährig wäre, und schließlich begann er, es wilder zu treiben, als er es üblicherweise tat.
At Fulvia insolentiae Curi causa cognita tale periculum rei publicae haud occultum habuit, sed sublato auctore de Catilinae coniuratione, quae quoque modo audierat, compluribus narravit. Ea res in primis studia hominum accendit ad consulatum mandandum M. Tullio Ciceroni. Namque antea pleraque nobilitas invidia aestuabat et quasi pollui consulatum credebant, si eum quamvis egregius homo novus adeptus foret. Sed ubi periculum advenit, invidia atque superbia post fuere. Aber als Fulvia den Grund des ungewöhnlichen Verhaltens des Curius erfahren hatte, behielt sie eine so große Gefahr für den Staat nicht für sich, sondern erzählte einigen Leuten – ohne ihren Gewährsmann zu nennen – von Catilinas Verschwörung, was und auf welche Weise sie es gehört hatte. Jene Sache entzündete den Eifer der Menschen ganz besonders, den Marcus Tullius Cicero zum Konsul zu wählen. Denn zuvor hatten die meisten Adeligen vor Neid gebrodelt und gemeint, das Konsulat würde sozusagen entehrt, wenn es von irgendeinem noch so hervorragenden Nicht-Adeligen erreicht würde. Aber als eine Gefahr drohte, da waren ihnen Neid und Hochmut vergangen.
[24] Igitur comitiis habitis consules declarantur M. Tullius et C. Antonius. Quod factum primo popularis coniurationis concusserat. Neque tamen Catilinae furor minuebatur, sed in dies plura agitare: arma per Italiam locis opportunis parare, pecuniam sua aut amicorum fide sumptam mutuam Faesulas ad Manlium quendam portare, qui postea princeps fuit belli faciundi. Ea tempestate plurumos cuiusque generis homines adscivisse sibi dicitur, mulieres etiam aliquot, quae primo ingentis sumptus stupro corporis toleraverant, post, ubi aetas tantummodo quaestui neque luxuriae modum fecerat, aes alienum grande conflaverant. Per eas se Catilina credebat posse servitia urbana sollicitare, urbem incendere, viros earum vel adiungere sibi vel interficere. Also wurden nach den Wahlen Marcus Tullius und Gaius Antonius zu Konsuln erklärt. Diese Tatsache hatte die Teilnehmer der Verschwörung zunächst erschüttert. Dennoch wurde Catilinas Wüten dadurch nicht verringert, sondern er wurde von Tag zu Tag eifriger: er positionierte seine Soldaten an geeigneten Plätzen in Italien und ließ das Geld, das er sich auf seinen oder seiner Freunde Namen geliehen hatte, wiederum nach Faesulae zu einem gewissen Manlius bringen, der später der Anführer im Krieg war. Zu jener Zeit soll er zahlreiche Menschen aller beliebigen Sorten aufgenommen haben, sogar einige Frauen, die zunächst ihre enorme Verschwendungssucht durch Hurerei finanziert hatten, und später, als ihr Alter weder ihre Hurerei noch ihre Verschwendungssucht gemäßigt hatte, enorme Schulden angehäuft hatten. Catilina glaubte, durch jene die städtische Sklavenmenge aufwiegeln zu können, die Stadt anzünden zu können, und die Männer dieser Frauen entweder an sich binden oder töten zu können.
[25] Sed in iis erat Sempronia, quae multa saepe virilis audaciae facinora conmiserat. Haec mulier genere atque forma, praeterea viro atque liberis satis fortunata fuit; litteris Graecis et Latinis docta, psallere et saltare elegantius quam necesse est probae, multa alia, quae instrumenta luxuriae sunt. Sed ei cariora semper omnia quam decus atque pudicitia fuit; pecuniae an famae minus parceret, haud facile discerneres; lubido sic accensa, ut saepius peteret viros quam peteretur. Sed ea saepe antehac fidem prodiderat, creditum abiuraverat, caedis conscia fuerat; luxuria atque inopia praeceps abierat. Verum ingenium eius haud absurdum: posse versus facere, iocum movere, sermone uti vel modesto vel molli vel procaci; prorsus multae facetiae multusque lepos inerat. Aber unter diesen war die Sempronia, die oftmals viele Verbrechen mit geradezu männlicher Kühnheit begangen hatte. Diese Frau war hinsichtlich ihrer Familie und ihrer Schönheit, außerdem hinsichtlich ihres Mannes und ihrer Kinder beglückt genug; sie war gelehrt in den griechischen und lateinischen Schriften, konnte eleganter singen und tanzen, als es für eine anständige Frau nötig ist, und vieles anderes, was zu den Anzeichen der Verschwendungssucht gehört. Aber ihr war stets alles wichtiger gewesen als Anstand und Sittsamkeit; ob sie ihr Geld oder ihren Ruf weniger schonte, konnte man nicht so einfach erkennen; ihre Begierde war so entbrannt, dass sie selbst öfter die Männer umwarb als sie von ihnen umworben wurde. Sie hatte schon oft zuvor ihr Wort gebrochen, Anvertrautes abgeschworen, und oft war sie Mitwisserin eines Mordes gewesen. Durch Verschwendungssucht und Armut war sie steil abgestürzt. Aber ihre Begabung war nicht die schlechteste: sie konnte dichten, scherzen, besonnen, zart oder unverschämt sprechen; ihr wohnten offensichtlich reichlich Witz und Anmut inne.